Baumaterialien Notwendigkeit und Chance zugleich
Baumaterialien sind mehr als bloße Bestandteile von Bauwerken. Sie stellen nicht nur eine Notwendigkeit dar, sondern bieten auch eine Chance, dem Gebäude besondere Eigenschaften zu verleihen. Denn noch nie waren Baustoffe so leistungsfähig und vielseitig wie heute. Die gezielte Auswahl der richtigen Baumaterialien ermöglicht ein individuelles und zielgerichtetes Bauen.
Zusammenfassung
Welche Mindestanforderungen gelten für Baustoffe?
Ein Baustoff muss die mit seiner Verwendung zusammenhängenden Anforderungen dauerhaft und sicher erfüllen. Gesichert wird dies über die Materialprüfung und -zulassung sowie über technische Regelwerke, allen voran die DIN-Normen.
Wie hängen Baustoffe und eine gesunde Gebäudenutzung zusammen?
Neben der Nutzungsart beeinflusst vor allem das Gebäude selbst, wie gesund der Aufenthalt dort ist. Von der Zusammensetzung der Baumaterialien und ihren physikalischen Eigenschaften hängt beispielsweise ab, wie stark sie die Innenräume durch Ausgasungen etc. belasten und in welchem Maße sie das Raumklima – etwa über die Regulation der Luftfeuchte oder auch die Definition der Akustik – vorteilhaft beeinflussen können. Um hier schon in der Bauphase entgegenwirken zu können, kommen vermehrt gezielt gesunde Baumaterialien zum Einsatz.
Was sind nachhaltige Baustoffe?
Nachhaltige Baumaterialien zeichnen sich durch eine ressourcen- und energiesparende Herstellung sowie eine gute Recycling- und Weiterverwendungsfähigkeit aus.
Was muss ein Baustoff können? Von Recht und Technik
Ein Gebäude darf nicht einfach aus irgendwelchen Stoffen und Materialien, z. B. Lehm aus dem eigenen Garten oder selbst gebrannten Tonziegeln, erstellt werden. Stattdessen müssen Baustoffe eingesetzt werden, deren Eignung und Voraussetzungen zur Erfüllung der gestellten Anforderungen gesichert sind. Ein Mauerstein muss beispielsweise dazu geeignet sein, eine ausreichend tragfähige und eventuell auch gleichzeitig ausreichend gut dämmende Wand zu bilden. Beton muss nicht nur die erforderliche Druckbelastung tragen, sondern auch den Korrosionsschutz der eingelegten Bewehrung über vordefinierte Zeiträume hinweg sicherstellen.
Durch diese Mindestanforderungen wird sichergestellt, dass die mit den Baustoffen errichteten bzw. ausgestatteten Gebäude sowohl eine hohe Lebensdauer aufweisen als auch ein sicheres Umfeld für ihre Bewohner bieten. Zudem sollen sie den vom Gesetzgeber definierten Rahmen hinsichtlich Energieverbrauch, Dämmeigenschaften etc. entsprechen und somit dazu beitragen, die politischen Energiesparziele zu erfüllen.
Technische Ansprüche an Baumaterialien
Je nach Verwendung müssen Baustoffe bestimmte Eigenschaften aufweisen und spezielle Anforderungen erfüllen. Das können beispielsweise sein:
- statische Belastbarkeit
- thermische Dämmeigenschaften
- Sperr- und Dichtfunktionen gegen Luft, Wasser oder sonstige Immissionen
- UV-Beständigkeit
- Wetterbeständigkeit
Manche Stoffe werden ausschließlich für eine Aufgabe eingesetzt. In den meisten Fällen müssen Materialien aber mehrere dieser Anforderungen dauerhaft erfüllen.
Baurecht – der gesicherte Mindeststandard
Ohne klare Vorgaben könnte jeder Verwender selbst beurteilen, ob und wie gut Stoffe diese Anforderungen erfüllen. Da so kein allgemein anerkannter Baustandard möglich wäre, übernimmt der Gesetzgeber die Aufgabe der Bewertung von Baustoffen. Um sicherzustellen, dass ausschließlich Materialien mit einer bestimmten Mindestqualität und -leistungsfähigkeit zum Einsatz kommen, dürfen nur geprüfte und zugelassene Materialien für die Erstellung von Bauwerken eingesetzt werden. Darüber hinaus bestehen heute zahlreiche Vorgaben dazu, wie diese Materialien verbaut werden dürfen oder müssen. So wird sichergestellt, dass auch der Verbund der verschiedenen Stoffe zum Bauteil und letztlich zum Gebäude die Anforderungen erfüllt. Maßgeblich sind hier vor allem die bekannten DIN-Normen, die mittlerweile aber mehr und mehr von den europäisch harmonisierten Regelwerken ersetzt bzw. ergänzt werden.
Wohngesundheit – kein Trend, sondern eine Notwendigkeit
Neben der reinen Leistungsfähigkeit von Baumaterialien hat auch ihr Beitrag zu einem gesunden Wohnen eine immense, stetig zunehmende Bedeutung. Waren in der Vergangenheit häufig Einzelmaterialien wie Asbest oder PCB ein großes Thema, erfolgt heute eine zunehmend gesamtheitliche Betrachtung. So dürfen einerseits die verwendeten Stoffe nur bestimmte Mengen enthaltener schädlicher Substanzen freigeben. Typische Beispiele sind hier Weichmacher aus Kunststoffen, die noch vor wenigen Jahrzehnten über Bodenbeläge, aber auch Tapeten, Isoliermaterialien und sonstige Baustoffe ihren Weg in die Raumluft fanden. Emissionsarm werden sie heute entweder durch modernere, beständigere Kunststoffe. Oder man ersetzt sie durch Naturmaterialien, z. B. Textilbeläge aus Wolle, Leinen etc. oder Dämmstoffe aus Mineralwolle, Hanf oder Flachs.
Andererseits sollen gesunde Baumaterialien aber auch ihren Beitrag dazu leisten, dass das fertige Gebäude möglichst für das Wohnen vorteilhafte Eigenschaften aufweist. Ein Aspekt hierbei sind beispielsweise abschirmende Funktionen, um Lärm und Feinstaub von außen fernzuhalten. Insbesondere Fenster und Türen als natürliche Schwachstellen in der Gebäudehülle stehen dabei im Fokus und tragen durch eine immer dichtere und undurchlässigere Bauweise ihren Teil zum Gesamtziel bei.
Zudem sollen die Materialien für ein gleichbleibend positives Raumklima sorgen. Hier spielen vor allem deren Fähigkeiten zum Feuchteausgleich eine große Rolle. Wasserdampf aufnehmende und wieder abgebende Kalk- oder Lehmputze, diffusionsoffene Holzbauplatten etc. tragen zu einer gleichbleibenden Luftfeuchte bei und helfen, Schimmel und schlechtes Raumklima zu minimieren. Die Wirksamkeit dieser „neuen“, oftmals traditionellen Materialien sehr ähnlichen Baustoffe wird regelmäßig von Herstellern und anderen, teils unabhängigen Untersuchungsstellen geprüft und nachgewiesen.
Nachhaltigkeit – was zeichnet nachhaltige Baustoffe aus?
Nachhaltigkeit vereint zwei wesentliche Grundgedanken: Zum einen soll die Abhängigkeit von Erdöl und seinen Produkten vermindert werden. Hauptsächlich aber sollen der allgemeine Verbrauch der vorhandenen endlichen Ressourcen und die Belastung der Umwelt durch Herstellung, Verwendung und Entsorgung der Stoffe minimiert werden. Um diese Ziele zu erreichen, wird sowohl am Material selbst als auch an einer immer wirksameren Kreislaufwirtschaft gearbeitet. Viele nachhaltige Baumaterialien verbinden beide Aspekte immer besser. Holz kommt als regional erzeugter, nachwachsender Rohstoff als Tragwerk, Plattenwerkstoff und Dämmung zum Einsatz. Es lässt sich am Ende seiner Lebensdauer zu einem sehr hohen Anteil weiteren Nutzungen zuführen.
Rohstoffe und Herstellung
Die allgemeine Reduzierung des Rohstoffverbrauchs für Baumaterialien lässt sich nicht unendlich fortführen. Denn bestimmte Eigenschaften, etwa die statische Belastbarkeit, lassen sich nur mit einer gewissen Menge an Material erzielen. Stattdessen folgt der Ansatz, den Rohstoffverbrauch zu verringern, heute vor allem dem Weg, endliche Rohstoffe durch natürliche und nachwachsende Ressourcen zu ersetzen. So gewinnt beispielsweise Holz wieder stark an Bedeutung und auch andere Naturmaterialien halten wieder Einzug in die Bauwelt. Teils stark belastete, aufwendig herzustellende Glaswolle wird seit geraumer Zeit durch die weniger energieaufwendig herstellbare, sauberer zu entsorgende Steinwolle ersetzt. Hanf, Wolle und Zellulose ersetzen Kunststoffschäume als Dämmmaterial. Kalk- und Lehmputze übernehmen vermehrt die Rolle der mit hohem Energieaufwand und hoher chemischer Komplexität erzeugten Kunstharzputze. Trotz oder gerade wegen einer gleichzeitig immer moderneren Verarbeitungsweise oftmals traditioneller Materialien erhalten Gebäudenutzer als Resultat sowohl nachhaltige als auch natürliche Baustoffe, die sowohl im Hinblick auf den Umweltschutz als auch in puncto gesundes Wohnen und Arbeiten eine immer bessere Bilanz aufweisen.
Kreislaufwirtschaft – Recycling und Weiterverwendung
Das zweite Ziel für mehr Nachhaltigkeit ist eine immer weiter optimierte Kreislaufwirtschaft. Das bedeutet, dass neue Baustoffe auch nach Ablauf ihrer Lebensdauer möglichst vollständig und mit geringem Aufwand entsorgt oder weiterverwendet werden können. Bewährte Verfahren bestehen beispielsweise seit Jahrzehnten für Betonwerkstoffe, die gebrochen und gereinigt als Ersatz für Splitt oder Schotter herangezogen werden. Holz wird nach seiner regenerativen Erzeugung am Ende seiner Lebensdauer als Rohstoff für neue Werkstoffe oder als Brennstoff einer sinnvollen Folgenutzung mit minimalem Energieaufwand zugeführt. Putze und Kunststeine ohne chemische Bindemittel lassen sich durch einfaches Brechen und Mahlen fast wieder zu dem Rohstoff zurückführen, der bei ihrer Herstellung zugrunde lag. Durch diesen Wandel zu immer naturnäheren Rohstoffen und immer effektiveren Verwertungen bzw. Rückführungen in den Materialkreislauf gelingt es, den Nachhaltigkeitsgedanken stetig zu perfektionieren.
Wohin geht die Reise? Ein Ausblick in die Zukunft der Baumaterialien
Moderne Baustoffe zeichnen sich durch einen geringen Energieverbrauch bei der Herstellung, regenerative Rohstoffe und auf Wieder- oder Weiterverwertbarkeit ausgerichtete Eigenschaften aus. Da der Druck hinsichtlich Nachhaltigkeit und Ressourcenschonung kontinuierlich wächst, dürfte dieser Trend auch in Zukunft anhalten. Zwar werden ölbasierte Baumaterialien, wie etwa Dämmschäume oder bituminöse Abdichtungen, auf absehbare Zeit nicht gänzlich aus der Baubranche verschwinden, da sie nach wie vor günstig und in großer Menge erhältlich sind. Allerdings dürfte die Zahl der Alternativen zunehmen und auch aus ökonomischen Gesichtspunkten immer wichtiger werden. Es kann also davon ausgegangen werden, dass nachhaltige Baumaterialien und damit eng verbunden gesundes Bauen und Wohnen einen immer größeren Anteil einnehmen wird.
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